EAN: 9783874485906
                  Bilder-Quelle: averdo
      Im Dialog mit James Ensor Was Gerresheim an Ensor fasziniert  ist zunächst einmal eine tiefe Beziehung zum Phantastischen  die zweifellos ein Erbe der flämischen Tradition von Hieronymus Bosch bis Pieter Brueghel ist. Beide lassen ihrer Vorstellungskraft freien Lauf. Neben dem konkret Sichtbaren steht bei ihnen das bloß Vorgestellte  Erinnerte  Geträumte. ln der barocken Realität  in der sie leben  werden der eine wie der andere durch bizarre Gegenstände erregt: Muscheln  Marionetten  Vasen und Schüsseln  Teppich- und Tapetenmuster  die den Keim der Phantasie bereits in sich tragen. Wellenförmige Linien entstehen  die durch ihre Assoziationen neue Motive schaffen und in ihrem imaginären Charakter dem Symbolisten Ensor wie dem Surrealisten Gerresheim nahestehen. Die Forderung Caspar David Friederichs hat sich ebenso Ensor wie Gerresheim zu eigen gemacht: "Der Maler soll nicht nur malen  was er vor sich sieht  sondern auch das  was er in sich sieht." Dem entsprechend zeichnen beide das visuell Geschaute  angereichert mit den Gefühlen und Sehnsüchten  mit der Qual und der Abscheu  die die Gegenstände in ihnen erweckt haben. Am tiefsten verbindet Gerresheim mit Ensor jedoch die Vision des alles beherrschenden Todes  die jeden diesseitigen Optimismus ad absurdum führt. Aber nicht nur die Grundstimmung ihrer Bildwelt weist verwandte Züge auf. Gerresheim greift auch verschiedene Stilmittel auf  die er bei Ensor vorfindet. Das gilt zunächst für die Bedeutung des Lichtes  das mit seinem Spiel von Reflexen und Schimmern die Linien vibrieren lässt  es deformiert und zerfrisst die korrekte Form. Die irrisierenden Reflexe von Porzellan  die Transparenz von Flaschen und Gläsern  die Palette von 8lumen und Speisen sind Elemente  mit denen sowohl Ensor wie Gerresheim der Stofflichkeit der Materie nachgehen. Die Subtilitäten des Lichtes lassen gleichzeitig auch einen extremen Reichtum an Schattierungen zu  die minutiöse Details bei den Möbeln und Gerätschaften der lnterieurs zutage fördern. So greift Gerresheim ganz selbstverständlich gewisse Motive und deren Stilmittel von Ensor auf. Dessen Anschauung kann ihm gerade so gut wie der eigene Stil zur unmittelbaren Erfahrung werden. Er schlüpft in die Gewänder Ensors und spricht doch mit eigener Stimme. Denn er durchschaut dessen Vorlagen  entrümpelt sie vom Zeitgeschmack und allen Accessoires  um die eigene Komplexität in den Bruchstücken zu erfassen. Gerresheim tritt in der Rolle Ensors auf  um sein Ureigenstes durch die Rekonstruktion verborgener Muster zu manifestieren. Er erfüllt den Vorgänger mit Leben  indem er dessen Herkunft rekapituliert. So entsteht ein Dialog mit ihm und seiner Geschichte. Von daher versteht sich der 1969 von Gerresheim erfolgte Ausspruch: "Die moderne Kunst beginnt in der Vlaanderenstraat." - Ensors Adresse. Vom obersten Eckfenster dieser Adresse besitzt der Künstler im Übrigen einen alten Fensterrahmen  den er wie eine ehrwürdige Reliquie hütet  da von diesem Fenster der Wegbereiter der Moderne sein Leben lang die Welt betrachtet hat. (c) Werner Roemer
        
                  
          Produktinformationen zuletzt aktualisiert am
04.11.2025 um 02:59 Uhr
          
          
      04.11.2025 um 02:59 Uhr
Hersteller
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          EAN
9783874485906
          MPN
-
          ASIN
3874485900
          Produktgruppe
Fachbücher, Lernen &
          
                      
                    
                          
          
      
        